Eine Verena Fink Kolumne im DUP Magazin – KÜNSTLICHE INTELLIGENZ: WIR KÖNNEN ES UNS NICHT LEISTEN, AUF KI ZU VERZICHTEN

Zukunftsinstitute verdienen nicht schlecht an Marktprognosen, in denen sie das disruptive Potenzial neuer Technologie vorhersagen. Unternehmen zahlen gerne, um frühzeitiger von solchen Chancen zu partizipieren oder unvorbereitet von Umbrüchen überrascht zu werden?

Zum Glück werden wir trotz aller Studien immer noch überrascht, zuletzt von ChatGPT, das Künstliche Intelligenz (KI) in unsere Lebensrealität gebracht hat. Der Zugang einer breiten Öffentlichkeit zu KI-basierten Large Language Models wurde eher für das Jahr 2025 prognostiziert. Die große Welle schwappte jedoch schon Ende 2022 zu uns und zeigte, dass die Integration von KI in Wirtschaft und Gesellschaft deutlich schneller passieren wird als die Digitalisierung.

Getrieben von Nationen wie China und Indien sprechen Experten von einer 10-fach schnelleren Geschwindigkeit. Das setzt Europa und auch den deutschen Mittelstand unter Druck: Hier überwiegt traditionell eher eine abwartende Skepsis, um zunächst die Entwicklung zu beobachten, bis sich klare Rahmenbedingungen und Sicherheitskonzepte abzeichnen. Vorreiter können die Zurückhaltung der Konkurrenz für sich nutzen, das sehen wir an deutschen Start-ups aus der Tech-Szene oder in der Marketingindustrie, die repetitive Prozesse konsequent mit KI automatisiert. Ein digitaler Versicherer braucht für die Bearbeitung von Schäden keine Sachbearbeitenden mehr, die prüfen ob die Beiträge bezahlt wurden, ob die Schadensbeschreibung vollständig und plausibel ist und welcher Auszahlungsbetrag mit oder ohne Gutachten der wirtschaftlichste Weg wäre. Eine KI erledigt das routiniert in Sekundenschnelle rund um die Uhr, im freundlichen Kontakt mit dem Kunden.

Zukunftsforscher wie Lars Thomsen prognostizieren, dass wir die Produktivität unserer Volkswirtschaft mit KI um 20 bis 3O Prozent steigern können. Ist das eine Bedrohung? Einerseits war Technologie schon immer dazu da, uns mühsame Arbeit abzunehmen und unsere Effizienz zu steigern. Andererseits werden manche Menschen neue Jobs finden müssen. Durch den demographischen Wandel einer alternden deutschen Gesellschaft wird das erleichtert, da Unternehmen händeringend Fachkräfte suchen. Dennoch erfordert es die persönliche Bereitschaft zum Wandel.

Vielleicht hilft uns der Leidensdruck, die Offenheit für KI zu entwickeln: KI-Anwendungen können für uns die endlosen E-Mail-Verläufe, WhatsApp-Nachrichten, Chat-Anfragen, Social-Media-Posts sichten, sortieren, zusammenfassen und priorisieren. Sie könnten auch antworten, wenn ich sie dazu autorisiere.