Inklusion statt Verschwörung – Kolumne Digital Woodpecker TeleTalk 10/20

Verschwörungsideologien haben 2020 Hochkonjunktur. Kein Wunder, dass speziell beim Reizwort Künstliche Intelligenz manch einem die Fantasie durchgeht. Menschenähnliche Roboter reißen die Weltherrschaft an sich und vernichten Datenschutz, menschliche Arbeit und soziale Interaktion.Inklusion statt Verschwörung – Kolumne Digital Woodpecker TeleTalk 10/20

Neben allen Ängsten und Unsicherheiten fasziniert mich die Ambivalenz der Dystopiker, die Künstliche Intelligenz selbstverständlich nutzen: In Suchmaschinen, Navigations- und Streamingdiensten, Alexa, Siri und Cortana mit ihren sympathischen Problemlösungsfragen. Kleine Helferlein als Beispiel für unauffällige Integration scheinbar feindlicher Technologie in unseren Alltag.

Selbsterlernende Systeme als Problemlöser im Service werden in den kommenden Jahren auch die Arbeitsweise im Kundenkontakt verändern. Ist es nicht ironisch, wenn heute in Projekten nachgewiesen wird, dass Künstliche Intelligenz am Customer Touchpoint den Umsatz erhöht und die Kundenbindung verbessert? Können wir mit digitalen Assistenten und maschinellem Lernen wirklich tiefere und wertschöpfendere Beziehungen zu Kunden aufbauen? Da blinken so manch einem Entscheider Dollarzeichen in den Augen, wenn digitale Sprachverarbeitung gleichwohl die Kosten in Call-Centern senkt, Mitarbeiter entlastet, Produktivität steigert und Kunden beglückt. Da grunzt sie wieder gackernd, die eierlegende Wollmilchsau. Wo also lohnt es sich aktuell hinzuschauen für einen Realitätscheck? Im Kundenkontakt kann Künstliche Intelligenz das Serviceteam entlasten und die Customer-Journey verbessern.

Das klappt allerdings nur, WENN der Anwendungsfall spitz genug gewählt ist, wie drei Beispiele zeigen:

  1. Intelligente Systeme können Stimmungsbilder unserer Kunden erkennen, indem sie sowohl deren Social-Media-Aktivitäten als auch jeden Fußabdruck im eigenen Kundenmanagementsystem analysieren. Nicht nur Gesagtes, sondern auch Gemeintes kann durch KI im Kontext interpretiert (nicht diagnostiziert) werden.
  2. Um häufig gestellte Fragen zu beantworten, können Chatbots eingesetzt werden. Je einfacher und vorhersehbarer die Fragen, desto größer die Chance, dass die Maschine fallabschließend antworten kann. Für Kunden entsteht ein Servicevorteil, da sie rund um die Uhr und in Echtzeit bedient werden.
  3. Zum Alltagshelden avanciert KI heute leichter, wenn sie Mitarbeiter unterstützt, mit Antworten und Textvorschlägen oder automatisierten Aufgaben. Sie kann ermüdendes oder zeitaufwändiges abnehmen wie Termine vereinbaren, Tickets verteilen, Kontaktinformationen erstellen oder Einladungen zu Meetings versenden.

Zugegeben, viele Anwendungen sind heute noch rudimentär und holzschnittartig, doch durch Versuch und Irrtum lernt das System mit jeder Interaktion dazu. Egal wie schnell sich Künstliche Intelligenz entwickelt, viele Mitarbeiter werden sich in Zukunft auf komplexere Tätigkeiten konzentrieren können. Der menschliche Kontakt wird das neue Premium, um Vertrauen aufzubauen, Empathie zu vermitteln oder Beziehungen zu veredeln. Ein radikales „Entweder-oder“ wird nicht funktionieren: Je besser es Unternehmen gelingt, ihre humanen Stärken mit Data Literacy Automatisierung, Datenauswertung und KI zu kombinieren, desto größer ihre Erfolgschancen.

Unsere Aufgabe ist es, die richtige Balance zu finden und verantwortlich zu gestalten. Das Rezept gegen Verschwörungsideologie 😉