Trip ins Chaos – Woodpecker-Kolumne im DUB UNTERNEHMER-Magazin

Customer Journey Mapping zählt zu den heißen Kandidaten im Buzzword
Bingo, um die Kundenreise besser beeinflussen zu können. Längst auch in
komplexen B2B Sales-Prozessen angekommen, beugen sich ambitionierte
Vertriebsteams über Skizzen voller Pfeile und Trichter, zeichnen lineare
Prozesse von links nach rechts oder von oben nach unten. Ihre Zielkunden
erscheinen als Spielfiguren oder Sprechblasen mit bekannten Dialogen:
Frank: „Chef, wir haben ein Problem!“

Max: „Stimmt, wir müssen etwas tun! Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es
am Markt?“

Frank: „Dazu muss ich erst mal das Anforderungsprofil mit der IT abstimmen.“

Max: „Löst dieses Angebot exakt unser Problem?“

Frank: „Das ist mein Favorit, aber alleine entscheide ich das nicht.“

Max: „Wir müssen vorab alle Entscheider an Bord holen, damit es später
nicht auf uns zurück fällt.“

Problem erkannt, Bedarf definiert, Optionen sondiert, Entscheidung
getroffen, Kauf getätigt. Jüngere Untersuchungen zeigen, dass solche
linearen Annahmen in die Irre führen. So fand kürzlich Gartner heraus,
dass B2B-Käufer in zu erledigenden Aufgaben denken, die nicht
chronologisch aufeinander folgen.

Die Aufgaben lassen sich in drei Gruppen clustern:

1) entscheidungsrelevante Informationen finden,

2) gewonnene Informationen validieren und

3) interne Abstimmung treiben

In der Realität ist es ein paralleler Prozess der Suche, Validierung und
Abstimmung. Die meisten Franks sind sich nicht sicher, wie sie von einem
Punkt zum nächsten kommen. So gleicht ihre Customer Journey eher einem
Irrgarten als einer straff organisierten japanischen Reisegruppe auf
Europatournee. Frank entdeckt ein Problem und googelt Lösungen, bis er
nach 30 Minuten erschlagen ist von der Fülle an Informationen im Netz.
Er schreibt eine erste wirre Email an seinen Chef Max, der daraufhin
auch zu suchen beginnt. Max findet Whitepaper von potentiellen Anbietern
und leitet Frank das Material weiter. Parallel aktiviert er seine
Netzwerkgruppen auf Xing und LinkedIn und freut sich, dass er als
Fachmann glänzen kann. Frank wundert sich über die zahlreichen
Whitepaper in seinem Posteingang. Darum geht es ihm doch gar nicht, Max
hat wieder nicht richtig zugehört. Frank hat derweil schon mit seinem
Kumpel in der IT telefoniert, der kürzlich eine Video Demo von einem
großen Anbieter gesehen hat, die irgendwie so ähnlich klang und
vereinbart einen Termin.

Wer nun versucht, dieses Kauflabyrinth in eine Customer Journey Map zu
übertragen, der braucht gut sortierte Moderatorenkoffer und
Buntstift-Arsenale.

Journey-Mapper erkennen dann, dass der Bedarf an Informationen
kontextspezifisch, die Quellen-Präferenz personenspezifisch und der
Irrgarten beziehungsgetrieben ist. Die systemische Betrachtung der
Entscheidergruppe ist mindestens ebenso relevant auf der Reise, wie das
funktionale Abhaken von ToDos.

 

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