Wirtschaftsprüfungsunternehmen agieren in einem dynamischen Markt. Mandanten brauchen zuneh- mend vereinfachte digitale Prozesse. Der Kampf um junge Talente verändert die Erwartungen an die Arbeitgeber. Die Pandemie lehrt uns, unsere Unternehmen widerstandsfähiger aufzustellen und die Geschwindigkeit zu steigern. Es mangelt also nicht an Veränderung, oft aber an einer systematischen Change-Begleitung. Eine Studie von McKinsey zeigt, dass über zwei Drittel der Change-Initiativen ihr Ziel verfehlen, weil es nicht gelingt, die Belegschaft vom Nutzen der Veränderung zu überzeugen. Wo die Motivation fehlt, sich auf Neues einzulassen, da läuft selbst die beste Strategie gegen eine Wand resistenter Betriebskultur.
6 Tipps für einen erfolgreichen Kulturwandel:
1. Veränderung braucht Sinn
Wer seine Betriebskultur erfolgreich entwickeln will, der braucht dauerhaftes Engagement seiner Führungskräfte. Die Geschäftsführung allein wird es nicht durch die Organisation tragen können.
Um Begeisterung für das Zielbild zu entfachen, hilft es, das WARUM greifbar zu machen. Die Führungskräfte auf allen Ebenen müssen zunächst selbst den Vorteil und den Nutzen des angestrebten Zielzustandes erkennen, um ihn im nächsten Schritt glaubwürdig und authentisch aus eigener Überzeugung vermitteln zu können. „What’s in for us?“, diese Frage wird aus meiner Erfahrung zu sel- ten gestellt. Wenn jede Führungskraft darauf eine Antwort für sich und ihr Team gefunden hat, kann sie mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie die gewünschten Verhaltensänderungen in ihren eigenen Interaktionen am Arbeitsplatz demonstriert.
2. Vom Abstrakten zum Konkreten
Oft wird eine Betriebskultur mit hochtrabenden Phrasen beschrieben auf der Ebene abstrakter Werte. Dagegen ist nichts einzuwenden, solange sich jemand um die Übersetzung kümmert, damit die Kulturformulierungen in allen Aspekten der täg- lichen Arbeit spürbar werden. Unternehmen können eine gemeinsame Sprache für ihre kulturellen Ideale entwickeln und in der Beschreibung neuer angestrebter Verhaltensweisen konkretisieren. Woran würden Sie erkennen, dass Sie dieser Kultur ein Stück nähergekommen sind? Am besten durch beobachtbares Verhalten.
3. Kontinuierliche Kommunikation
Oft beginnen Change-Initiativen mit einem großen Paukenschlag und danach hören Mitarbeitende über Monate nichts. Sobald die „Katze aus dem Sack“ ist, wird es schnell unruhig, wenn danach nichts Konkretes folgt. Mitarbeiter fragen sich: „Was bedeutet das für mich?“, „Ist vielleicht doch mein Job in Gefahr?“, „Verändert sich etwas in meinem Team?“. Unternehmen, die einen Kulturwandel anstreben, sollten transparent bleiben und regelmäßig mit der Belegschaft im Austausch sein. Neben dem „Warum“ profitiert jede Change-Initiative von einem klaren Fahrplan mit Informationsveranstaltungen, in denen die Führung auch die nächsten Schritte grob skizziert und über den Fortschritt informiert. Was ergänzend helfen kann, ist ein Bereich im Intranet mit Raum zur moderierten Diskussion oder Live-Fragesessions als Anlaufstellen und Garanten für Transparenz.
Auch die Identifikation von Key-Playern und Know- how-Trägern sowie frühe Einbindung dieser in den Integrationsprozess sind sinnvoll.
4. Puls prüfen
Menschen wollen einbezogen und gehört werden, das gilt besonders in Zeiten des Wandels. In der Entwicklung der eigenen Betriebskultur geht es um einen lebenden Organismus, und dieser kann spre- chen. Wer regelmäßig das Feedback seiner Mitar- beitenden einholt, bekommt direkte Rückmeldung, wie die angestoßenen Initiativen wirken, wo Infor- mationen versickern oder ob im Team vielleicht
ganz andere Botschaften angekommen sind, als von der Geschäftsführung intendiert. Über digitale Feedback-Tools lässt sich der Puls der Belegschaft heute schnell und einfach messen. Statt epischer Fragebögen lässt sich das Team monatlich oder vierteljährlich online befragen. Im Vergleich der Ergebnisse zeigen sich Trends, Fortschritte, Rück- schläge oder Wirkdefizite, die Ansatzpunkte geben, um nachzusteuern. Jede Feedbackschleife sollte so geplant werden, dass die Ergebnisse nicht nur ausgewertet und abgelegt werden, sondern aufge- griffen, in Maßnahmen übersetzt und an das Team zurückgespielt. Andernfalls wird die Beteiligungs- quote im Puls-Check drastisch absinken.
5. Fortschritt feiern
Eine mögliche Reaktion auf den Puls-Check kann die Anerkennung und Wertschätzung von erlebtem Fortschritt sein. Je mehr Beispiele gesammelt wer- den, bei denen Elemente der neuen Kultur schon beobachtbar sind, desto besser. Mit konkreten Beispielen wird für das komplette Team greifbar, wohin der Weg führt. All jene, die sich schon auf den Weg gemacht haben und diese Verhaltenswei- sen zeigen, werden für ihr Engagement gesehen und wertgeschätzt. Die Anerkennung von Erfolgen und Leistungen, die die angestrebte Kultur veranschaulichen, trägt wesentlich dazu bei, dass mehr Mitarbeitende die Initiative annehmen und die Vorreiter motiviert werden, weiterzugehen. Aktuelle Studien zeigen, dass über 90 Prozent der Beschäftigten, die für eine bestimmte Handlung wertgeschätzt werden, eher bereit sind, diese Handlung in der Zukunft zu wiederholen.
6. Kultur professionell managen
Wie schon in der Kommunikation erwähnt, ist „Dranbleiben“ gefragt, wenn es um nachhaltigen Wandel einer Betriebskultur geht. Das betrifft zu- allererst die Führungskräfte. Damit Kultur nicht als Beschäftigungstherapie abgetan oder als weicher Faktor de-priorisiert wird, sollte der Wandel wie ein komplexes langfristiges Projekt aktiv gesteuert werden. Statt Kultur an eine Person in der Strategie oder in den Bereich Human Resources zu delegie- ren, braucht es ein schlagkräftiges Projekt-Team mit Vertretern aus verschiedenen Abteilungen.
Das Projekt-Team besteht im besten Fall aus Überzeugungstätern, die selbst für die neue Kultur brennen. Abgesehen von der Passion brauchen sie die notwendige Rückendeckung und Zeit neben
ihrem Tagesgeschäft. Wie heute in crossfunktiona- len und agilen Teams üblich, sollte sich auch das Kultur-Team Zeit für die Retrospektive und für die Auswertung der Puls-Checks nehmen, um aus Feh- lern zu lernen und nah genug an der Belegschaft zu agieren. Nur so lässt sich Kultur-Change in eine nachhaltige und substanzielle Transformation überführen.
Mit Begeisterung belohnt
Aus meiner Erfahrung offenbart sich der Erfolg dieser Mühe recht bald: Die Teams gehen über die Silogrenzen hinaus und arbeiten bei Herausforde- rungen gemeinsam an Lösungen. Die Organisation reagiert flexibler und schneller auf veränderte An- forderungen oder Engpässe. Mitarbeitende meinen mit „wir“ nicht mehr ihr eigenes Team, sondern
die ganze Organisation. Kundenfeedbacks lassen erkennen, dass Mitarbeitende aus eigener Überzeu- gung beraten und begleiten. Diese Begeisterung steckt an!