SPIEGLEIN SPIEGLEIN: MIT KI IN DER UMKLEIDEKABINE – Verena Fink im TeleTalk Magazin

Warum eigentlich noch einen Reiseführer mit sich herumtragen, wenn die Technologie doch längst so weit ist, die Welt mit meinen Augen sehen zu können?

Mit dieser Frage habe ich dieser Tage KI-Apps fürs Smartphone verglichen. Unterwegs bieten Apps tatsächlich einen Gewinn an Effizienz und witzige Extras. Inspiriert hat mich dazu Matthias Schüssler, ein schweizer Blogger, dessen Tipps ich ausprobiert habe.

ChatGPT als Reisebegleiter

Durch den Zugang von ChatGPT-App zu meiner Smartphone-Kamera kann ich beim Erkunden neuer Umgebungen ganz einfach Auskunft über Sehenswürdigkeiten, Tiere und Pflanzen oder Restaurants in der Nähe bekommen.

ChatGPT als Haushaltshilfe

Die App hilft mir dabei, den Kleiderschrank für Herbst-Winter vorzubereiten, schlägt Rezepte vor, wenn ich ein Foto vom Inhalt meines Kühlschranks mache und sortiert Bücherregale. Wenn ich beim Fotografieren darauf achte, dass die Buchtitel auf dem Rücken zu erkennen sind, sortiert ChatGPT sie alphabetisch nach Erscheinungsjahr oder nach Autor. Noch bleibt es allerdings bei Hinweisen zur Sortierung – anpacken müssen wir selbst.

APP als Stilberater

Die KI-App Claude ist als ChatGPT-Alternative seit Mitte Mai für Iphone und Android verfügbar und liegt bei Lifestyle-Features vorne. Zu einem Selfie mit der Frage, welche Bartfrisur am besten passen würde, empfiehlt die App zum Beispiel einen Goatee (Kombination aus Ziegenbärtchen und Schnurrbart) mit akkurat gestutzten Kan-ten. Wer Claude mit in die Umkleidekabine nimmt und fragt, ob er im anprobierten Outfit dick aussehe, bekommt schon mal eine diplomatische Antwort mit dem Hinweis Gesundheit, Wohlbefinden und Selbstliebe seien relevanter als das Außere. Darüber gibt die App auch Farbempfehlungen für Garderobe, die auf dem Teint und der Haarfarbe des Nutzers basieren. Sicherlich reichen die Antworten nicht an den Dialog mit einer Fachverkäuferin oder einem Farbberater heran, trotzdem ist es ein witziges Gimmick zum Rumspielen. Die Bing-App von Microsoft ist bei Rückmeldungen zum Äußeren deutlich ressourcenorientierter als Claude. So wirkt manche euphorische Rückmeldung im kalten Licht der Umkleidekabine deutlich übertrieben, als bekäme die App Provision an der Ladenkasse.

Wer liegt vorn

Im direkten Vergleich der Apps punktet ChatGPT mit Vielseitigkeit und Funktionen, die in vielen Bereichen des Alltags von Nutzen sein können, während Claude besonders durch individuelle Life-style-Beratung glänzt und Bing das Selbstbewusstsein stärkt. Die Frage, für wen welche App passt, hängt von den individuellen Bedürfnissen ab: Wer einen umfassenden, vielseitigen digitalen Helfer sucht, der von Pflanzenbestimmung bis Buchsortierung unterstützt, liegt mit ChatGPT richtig. Wer dagegen stilistische Beratung und persönliche Empfehlungen schätzt, könnte mit Claude besser klarkommen. Zum Aufbessern des Selbstwertes lohnt es sich, Bing mit in die Umkleidekabine zu nehmen. Die Kamera wird von fast allen KI-Apps genutzt, bei Claude sind mehr Funktionen kostenlos, die tägliche Anzahl der Interaktionen ist jedoch limitiert. Chat-GPT reagiert auf gesprochene Anfragen und antwortet über den Lautsprecher, allerdings noch mit Wartepausen. Von Schüssler habe ich mir den Trick abgeschaut, in den Einstellungen die Option „Hintergrundgespräche“ zu aktivieren, so reagiert ChatGPT auch dann auf meine Ansagen, wenn der Bildschirm gesperrt ist. Wir können also die entscheidenden Fragen diskret im Hintergrund besprechen.