Mark Zuckerberg und seine Vision vom Metaversum: Totgeburt à la „Second Life“ oder Traumwelt in echt? In jedem Fall verfolgt der Facebook-Gründer damit wirtschaftliche Interessen.
Durch Verschmelzung unserer echten mit der virtuellen Welt soll das Metaversum entstehen – eine Art Internet als dreidimensionaler Raum, in dem wir Inhalte nicht nur anschauen, sondern erleben können. Nutzerinnen und Nutzer werden neue Welten erkunden, in denen virtuelle Funktionen eng mit der eigenen Umgebung und dem Körper verbunden sind.
Das Metaversum soll aber nicht nur ein Vergnügungspark werden, in dem wir infantile Fantasien ausleben. Es soll ein Konsumtempel mit eigener Währung werden. Und je länger wir darin Zeit verbringen mit Spielen, Unterhaltung, Sport oder Shopping, desto mehr Geld fließt in die neue Realität.
Für Unternehmen bietet diese neue Welt perspektivisch enorme Chancen mit Blick auf Marketing, Design, Services und Produktion. Allerdings müssen sie dazu Strategien und Geschäftsmodelle neu denken. In der neuen Welt gibt es bald wohl keine alleinstehenden Dienste wie WhatsApp mehr, da sich die Daten verschiedener Dienste automatisch untereinander austauschen. Praktisch, denn User benötigen nur noch einen Account für alle ihre Dienste. Für die nahtlose Erfahrung werden sich Unternehmen auf einheitliche Standards und Schnittstellen einigen müssen. Ein technologischer Vorteil entsteht im Metaversum vor allem dann, wenn einheitliche Strukturen es ermöglichen, die Daten zwischen verschiedenen Anwendungen problemlos zu nutzen.
So weit die Chancen. Ob und wie schnell wir dort ankommen, daran scheiden sich die Geister. Mark Raskino, Analyst bei der Marktforschung Gartner, hat triftige Gründe, warum er nicht ans Metaversum glaubt: Nur zwei Prozent der Gamer und kaum CEOs nutzen VR-Brillen. Warum sollten es Geschäftsleute im großen Maße tun? Die Wall Street zeige wenig Interesse an VR-Visualisierung und VR-Meetings. Und Personen, die in der Pandemie vom Maskentragen genervt sind, werden laut Raskino wenig motiviert sein, eine schwere und harte Elektronikbrille über viele Stunden am Tag zu tragen. Mangels Glaskugel lohnt es sich, eigene Erfahrungen zu machen – etwa mit der kostenlosen App VRChat. Das ist eine soziale VR-Plattform, die im vergangenen Sommer 80 Millionen Dollar Finanzierung eingesammelt hat. VRChat will das Geld in eine Social-Creator-Economy investieren, in der sich Mitglieder mit virtuellen Kissenschlachten vergnügen und auch Geld verdienen können. Das Start-up hat seine Arbeitsumgebung bereits in die eigene Produktwelt verlegt und verzichtet auf Büros. Mitarbeitende treffen sich im virtuellen Universum. Es ist ein Vorgeschmack auf die Persistenz, von der Zuckerberg spricht. Denn das Metaversum kennt keine Pausen, kein Ende. Es läuft endlos weiter. Wir empfinden die virtuelle Welt dann nicht mehr als ein Spiel, sondern als Verlängerung unserer Person.