Al first: Angst oder Aufbruch – Verena Fink erklärt KI im DUP Unternehmer Magazin

Als Luis von Ahn, CEO von Duolingo, kürzlich verkündet hat, seine Firma werde eine „Al-first company“, schlug die Kritik hohe Wellen. In sozialen Medien wurde gemutmaßt, es gehe um Profitmaximierung, Stellenabbau oder den kalten Austausch von Menschen durch Maschinen. Tatsächlich meinte von Ahn etwas ganz anderes: eine strategische Priorisierung von Kl als Werkzeug, nicht als Ersatz.

Diese Episode ist meines Erachtens ein gutes Lehrstück – auch für die Möbel- und Fertigungsbranche, die zunehmend überlegt, wie Künstliche Intelligenz Prozesse beschleunigen, Qualität sichern und Kosten senken kann. Denn die eigentliche Frage ist: Wie gelingt es, Mitarbeitende mitzunehmen, wenn die Unternehmensführung „KI first“ ruft?

Warum „Al first“ Angst macht

Der Satz triggert gleich mehrere Ängste:

  • Jobverlust – Maschinen könnten menschliche Arbeit ersetzen.
  • Kompetenzverlust – Beschäftigte fürchten, nicht mehr mithalten zu können.
  • Entfremdung – Technik bestimmt über Abläufe, Menschen fühlen sich überflüssig.

Gerade in traditionellen Branchen wie der Fertigung sind solche Sorgen nachvollziehbar. Hier geht es nicht nur um Software-Tools, sondern oft um jahrzehntelang gelebte Handwerkskultur, Know-how und persönliche Verantwortung. Wenn „Al first“ als Parole verkündet wird, ohne die Belegschaft mitzunehmen, entsteht leicht der Eindruck: Hier zählt nur noch die Maschine.

Was Duolingo anders macht

Im Interview mit der New York Times stellte von Ahn klar: Es ging nie darum, Menschen überflüssig zu machen. Duolingo habe noch nie Vollzeitkräfte entlassen. Stattdessen experimentieren die Teams regelmäßig mit KI – freitags gibt es sogenannte „FrAldays“, an denen Mitarbeitende neue Tools testen dürfen. Das Ziel: Lernen durch Ausprobieren, Ängste abbauen, Chancen begreifen.

In meiner Erfahrung sind es genau die drei Ding die helfen:

  1. Kontext geben – erklären, warum KI wichtig ist.
  2. Räume schaffen – Mitarbeitende dürfen spielen, lernen, Fehler machen.
  3. Sicherheit betonen – Jobs sind nicht in Gefahr, sondern werden ergänzt.

Für die Möbelindustrie und den fertigungs-nahen Mittelstand lassen sich daraus konkrete Ansätze ableiten:

  1. Frühzeitige Kommunikation
    Statt Schlagworte wie „Kl first“ unkommen-tiert stehen zu lassen, sollten Führungskräfte erläutern, was sie damit meinen. Zum Beispiel: „Wir wollen KI nutzen, um unsere Produktion effizienter zu machen – damit ihr weniger Routinearbeit habt und mehr Zeit für die kniffligen Aufgaben bleibt.“
  2. Pilotprojekte mit den Teams
    Wie bei Duolingo könnte es feste Zeitfenster geben, in denen Beschäftigte KI-Tools testen.
    In der Fertigung könnte das heißen: CAD-Optimierungen mit KI, Assistenzsysteme in der Montage oder Qualitätssicherung mit Bilderkennung. Wichtig ist, die Mitarbeitenden direkt einzubinden – so wird KI zum Werkzeug in ihrer Hand, nicht zur Bedrohung.
  3. Kompetenzen systematisch aufbauen                                                                                                                                                                       Schulungen, Weiterbildungen und interne Lernformate sind entscheidend. Nur wer versteht, wie KI funktioniert, kann souverän damit umgehen. Hier bieten sich staatliche Förderprogramme wie INQA-Coaching an, das gezielt digitale und arbeitsorganisatorische Veränderungsprozesse begleitet.
  4. Kultur des Mitgestaltens                                                                                                                                                                                                           Wenn Beschäftigte erleben, dass ihre Ideen zählen, entsteht Akzeptanz. Ein Schreinermeister, der im Team vorschlägt, wie KI bei der Materialplanung helfen kann, wird zum Gestalter des Wandels – nicht zum Opfer. Das ist der strategische Wert von „Al first“.

„Al first“ bedeutet letztlich:

Wir setzen KI bewusst an den Anfang von Innovationsprozessen. Es geht nicht darum, alles und jeden durch Algorithmen zu ersetzen, sondern darum, die Potenziale von KI systematisch auszuschöpfen.

Für die Möbelbranche kann das heißen:

  • Effizientere Lieferketten durch KI-gestützte Bedarfsprognosen
  • Qualitätssteigerung durch automatisierte Bild- und Fehlererkennung
  • Neue Kundenerlebnisse durch KI-basierte Konfiguratoren oder digitale Showrooms
  • Wissenssicherung durch smarte Assistenz-systeme für Fachkräfte

Doch der Kern bleibt:

Menschen machen den Unterschied. KI ist ein Werkzeug, das ihnen den Rücken freihält.

„Nur wer versteht, wie Kl funktioniert, kann souverän damit umgehen. Schulungen sind entscheidend.“